Die Kunst des Geschichtenerzählens – Wie Storytelling dein Business erfolgreich verändert

Ich kann mich noch genau an eine Coachingstunde erinnern, in welcher ich selbst die Klientin war und ein Märchen-Tool durchlief. Der Titel meines Märchens lautete hierbei: „Kinga, gefangen in der Grube der Zweifel“. Ich wusste damals noch nicht, dass ich durch meine Titelwahl unbewusst ein klassisches Element aus dem archetypischen HeldInnen-Mythos gewählt hatte: Die Nachtmeerfahrt. Hierbei ist der Begriff nicht wörtlich zu verstehen, d.h. es geht nicht zwangsläufig um eine Fahrt auf dem Meer bei Nacht, sondern vielmehr um ein Herabsteigen in die Tiefe des Unterbewussten.

Von der Magie des Erzählens

Dieser Prozess ist es, welcher das Storytelling zu einer Kunstfertigkeit mit Tiefgang erhebt und jene Lügen straft, die lediglich behaupten, es sei ein reines Marketinginstrument, welches der eigenen Selbstinszenierung dient.

Mit jeder Geschichte, die wir mit anderen teilen, offenbaren wir nicht nur ein Stück von uns selbst, wir lernen auch unsere Innenwelt besser kennen, bewerten Erlebnisse neu und können hierdurch auch andere zu einem Perspektivwechsel einladen.

Dass uns hierbei ähnliche Erzählmuster bewegen, zeigte bereits der Begründer der analytischen Psychologie Carl Gustav Jung, welcher die wiederkehrenden Erzählstrukturen als „Archetypen des Heldenmythos/Heldinnenmythos“ bezeichnete.

Struktur und Symbole beim Storytelling

Im Storytelling finden sich diese Muster nicht nur in der Erzählstruktur, sondern auch in den verwendeten Symbolen wieder. Hierbei begegnen uns nicht nur gruselige Gestalten der Tiefe oder magische Wesen des Lichts. Wir verwenden auch unterbewusst allgemeingültige Symbole, wie Kreise, Kreuze oder weitere geometrische Formen, mit deren Hilfe wir das kollektive Unterbewusste schrittweise zu strukturieren versuchen.

Konkret bedeutet das, dass wir vertraute „Ur-Symbole“ zur Unterstützung verwenden, um menschliche Probleme zu lösen. Diese können beispielsweise ungelöste Lebensthemen, wie eine Trennung, der Verlust des Arbeitsplatzes, der Tod eines Angehörigen, aber auch die Eheschließung, eine Familiengründung oder ein langersehnter Umzug sein.

Das wiederkehrende Erzählen unserer Geschichte hilft uns also dabei, grundlegende Themen des Lebens neu zu verhandeln, egal ob es sich hierbei um die oben erwähnten Lebensthemen, „simple“ Konfliktsituationen oder unbewusste Problemstellungen handelt (z.B. negative Glaubenssätze).

Die mythologischen Narrative (mythische Wesen, Zaubergegenstände, aber auch unverhoffte Helden/Heldinnen) bilden hierbei sowohl innere Anteile unserer Selbst (Stichwort: Inneres Team), als auch die imaginäre Personifizierung real existierender Menschen. So kann das Monster für den cholerischen Chef oder die Heldin auf dem weißen Ross, für die freundliche Nachbarin von nebenan stehen.

Durch Korrektur zur Neuorientierung und Neubewertung

Aus diesem Grund ist das eingangs erwähnte Märchen-Tool nicht nur im Rahmen eines Coachings eine wertvolle Unterstützung, um sich persönlich, beruflich oder unternehmerisch neu zuorientieren. Auch bei der intensiven Beschäftigung mit dem eigenen Storytelling, hilft die erzählerisch-analytische Coachingmethode dabei, die eigene Geschichte neu zu bewerten, vielfältige Perspektiven zu entwickeln und hierdurch die eigene Heldinnenreise gänzlich neu zu „erleben“.

Doch wie funktioniert gutes Storytelling eigentlich? In meinem Artikel „5 Regeln für großartiges Storytelling: Verkaufen Sie bloß oder erzählen Sie schon?“ habe ich bereits die essentiellen Tipps eines soliden Erzählens mit Ihnen geteilt.

Heute möchte ich noch einen Schritt weiter gehen und Ihnen einen kleinen Einblick in den strukturellen Aufbau geben.

Grundlegend kann man sagen, dass es beim Storytelling stets um die gleiche Grundstruktur geht:

  • Die Protagonistin wird mit einem scheinbar unlösbaren Problem/Konflikt konfrontiert.
  • Die Heldin muss Herausforderungen bewältigen, um das Problem zu lösen.
  • Am Ende kehrt die Heldin erfolgreich zurück und hat eine Lösung gefunden.

Zwischen diesen Hauptbausteinen ereignet sich das Abenteuer, welches uns in die Tiefen unserer Ängste hineinführt (Stichwort: Nachtmeerfahrt). Durch das Überwinden eines/einer mächtigen Gegners/Gegnerin schaffen wir es jedoch letztlich, die inneren, verborgenen Anteile in uns selbst zu erkennen, zu aktivieren und zu stärken. Dabei verwenden oder begegnen wir den oben erwähnten Symbolen, treffen auf Weggefährten/Weggefährtinnen und lernen unsere Heldinnenreise neu zu schreiben.

Willkommen bei Ihrer persönlichen Heldinnenreise

Storytelling-Die Heldinnenreise

Doch wie kann ich das Storytelling ein wenig „entmystifizieren“ und es hierdurch auch für den eigenen unternehmerischen oder beruflichen Weg für mich entdecken?

Dies möchte ich gerne mit Ihnen teilen und Ihnen in Anlehnung an den Mythenforscher Joseph Campbell zeigen, wie Sie in 10 Schritten zur eigenen Heldinnengeschichte finden:

1. Der Ruf des Abenteuers

Jeder von uns hat kleine und große Konflikte im Leben erlebt. Egal ob im Beruf, im Studium, als Unternehmer*in oder im privaten Rahmen: Wir treffen fast täglich hunderte Entscheidungen und nicht jede davon wird konfliktfrei getroffen. Bei den großen allgemein menschlichen Entscheidungen im Rahmen der sogenannten „Traktor-Ziele“ (Partnerschaft, Ehe, Familienplanung, Lebensort, Beruf, Persönliche Entwicklung, etc.) sowie bei Alters-, geschlechtsspezifischen- oder kulturell bedingten Konflikten, ist der Ruf des Abenteuers zumeist besonders laut. Der erste Schritt Ihrer Erzählung beginnt also immer mit der Reflexion: Welcher Moment hat zu einer existenziellen Veränderung geführt? Wenn Sie hierbei merken, dass Sie sich in der Fülle Ihrer umfassenden Geschichte zu verlieren drohen, nehmen Sie einen Nebenstrang. Wie bei Filmen sind die Nebengeschichten zumeist ebenso spannend und verdienen es, ebenfalls erzählt zu werden.

2. Widerstand

Auch wenn uns das über Social Media oft anders suggeriert wird, in den meisten (realen) Situationen stürzt sich der/die Protagonist*in nicht sofort ins Abenteuer, wenn der Ruf danach erklingt. Am besten sieht man das im Unternehmertum. Natürlich gibt es diejenigen, die “einfach springen“ und dann schauen, ob sie überleben. Das trifft jedoch auf die wenigsten Gründer*innen zu. In der Regel ist die Planung der eigenen Selbstständigkeit oft mit Selbstzweifeln, Haare raufen und einem langen Gang in die Tiefe des eigenen Unterbewusstseins verbunden, um zu sehen, welches innere Teammitglied da einen eigentlich negativ beeinflusst. Diesen Gang hatte ich eingangs auch bei mir geschildert (Sie erinnern sich noch? „Kinga, gefangen in der Grube der Zweifel“?).

3. Aufbruch 

Mit professioneller Unterstützung, beispielsweise im Rahmen eines dafür eigens entwickelten Coachings, lassen sich die oben genannten Gedanken sehr gut überwinden, loslassen und vor allem: Auch künftig recht schnell entlarven, sodass sich hier auch in Zukunft erlernte Handlungsstrategien anwenden lassen. Um nicht ewig in die „Verzweiflungs-Grube“ zu stürzen, sollte man im Rahmen des Storytelling-Prozesses also unbedingt in professionelle Unterstützung investieren, denn ich verspreche Ihnen, im Unternehmertum schwebt man stets mit einem Fuß über besagter Grube.

4. Weggefährtinnen und Weggefährten

Auch wenn wir oftmals befürchten, wir wären mit unserer Problemstellung allein, so finden wir bei genauerem Hinsehen viele Ressourcen im Außen und Innen sowie mutige und inspirierende Sparringparter*innen, die uns auf unserem Weg begleiten. An dieser Stelle kann ich Ihnen auch verraten, dass diese mir ebenso ein „Seil“ in meine Grube warfen. Obwohl ich zögerte, war dies am Ende für mich die Chance, um meinen Selbstzweifeln zu entkommen. Sofern Sie professionelle Unterstützung (siehe Punkt 3) für sich nicht in Erwägung ziehen, überlegen Sie sich, wer Sie noch auf Ihrem Weg begleiten kann. Teilt vielleicht Ihr Partner/Ihre Partnerin oder ein/e Freund*in Ihre beruflichen/unternehmerischen Interessen? Gibt es ein Mentoring-Programm im Unternehmen, in welchem Sie beschäftigt sind? Gibt es Designer*innen, Steuerberater*innen usw. in Ihrer Umgebung, mit welchen eine Zusammenarbeit oder Kooperation denkbar wäre? Denken Sie hierbei immer an folgenden Hinweis: Eine Kooperation findet immer auf Augenhöhe statt, d.h. Ihr Angebot muss für die andere Person stets einen absoluten Mehrwert enthalten, denn diese schenkt Ihnen das wichtigste, was Sie hat: Zeit und Know-how. Im Rahmen eines Workshops, Coachings oder Mentorings ist eine Zusammenarbeit wiederum stets ein finanzielles Investment, welches Sie im Übrigen auch von der Steuer absetzen können, sofern Sie es in Verbindung mit beruflichen oder unternehmerischen Themen nutzen.

5. Die Herausforderung

Der Ruf ist erfolgt, wir haben unseren inneren Widerstand erfolgreich überwunden und erste Befürworter*innen gefunden. Nun erfolgt die erste Probe, denn die Anzahl an Konflikten nimmt zu. Herausforderungen können hierbei eine Flut an neuen Projekten, mangelnde Liquidität, ein interner Konflikt oder auch vermeintlich kleinere, jedoch sehr wichtige innere Konfliktlagen, wie mangelnde Motivation, Druck und Überforderung sein. Die Protagonistin fängt nun mit den ersten unbewussten Verhaltens- und Persönlichkeitskorrekturen an. In meinem Fall war es beispielsweise die Erkenntnis, dass ich mit einem Angestellten-Mindset kein Unternehmen leiten kann. Ich musste mich komplett neu strukturieren, Design Thinking zu meiner täglichen Begleiterin ernennen und habe „(Selbst-)Disziplin“ auf einem gänzlich neuen Level kennengelernt.

6. Der Kampf 

Von der kleineren Herausforderung und der Konfrontation mit neuen Themen beginnt nun der eigentliche Angriff auf unseren inneren (und äußeren) Manipulator. Dieser kann eine real existierende Person, wie die Führungskraft, die keinerlei Rücksicht auf Ihre persönlichen Bedürfnisse nimmt, sein. Oder die Familie, welche Ihnen die unternehmerische Kompetenz abspricht sowie die Gesellschaft, welche Sie mit Ihrer unermesslichen Erwartungshaltung zu unterdrücken versucht. Sie stehen bereits auf dem Schlachtfeld, doch die Entscheidung ist noch nicht gefallen, ob Sie diesen Kampf auch führen möchten. Sie wägen ab, führen Gespräche, holen sich (professionelle) Unterstützung (Stichwort: Weggefährt*innen) an Ihre Seite und entscheiden sich letztlich, dass diese Schlacht es wert ist, ausgefochten zu werden. Sie möchten Ihre Heldinnenreise nicht kampflos enden lassen.

7. Psychologische Katharsis

Sie haben es geschafft und sind noch einen Schritt weiter gegangen: Sie haben gezweifelt, gekämpft, vielleicht sogar geschrien oder geweint, doch Sie sind den Weg gegangen und verlassen den Platz als Siegerin. Der Sieg über Zweifler*innen, Kritiker*innen und sogenannte „Energievampire“ hat hierbei einen unglaublichen Nebeneffekt bewirkt: Sie können nun alte Erfahrungsmuster, Glaubenssätze und vermeintliche Charakterschwächen entlarven, widerlegen oder gänzlich loslassen. Sie haben eine Art „inneren Reinigungsprozess“ durchlaufen. Das heißt nicht, dass sie bei einem erneuten Ruf nach Abenteuer die Heldinnenreise nicht als ebenso herausfordernd erachten, doch Sie werden aus jedem Abenteuer neu dazulernen, neue Weggefährt*innen kennenlernen und ihre inneren Anteile neu justieren, bewerten und ordnen. 

8. Der Fluch der Rückkehr

Jede Heldin nimmt aus einem Abenteuer nicht nur Positives mit. Manchmal werden wir enttäuscht, wir „scheitern“ an anderen Dingen, auch wenn wir den vermeintlichen Hauptsieg davongetragen haben. Wir verlieren kurzweilig an Kraft. Im Unternehmertum nimmt man diesen Schritt sehr deutlich wahr. So gibt es Gründungen, die zwar erfolgreich waren, jedoch vertraute Teammitglieder und Freunde den gemeinsamen Weg jedoch verlassen haben (z.B. Apple). Die Rückkehr wird hierbei durch den Verlust erschwert und braucht auch einen gewissen Trauerprozess, um diesen zu verarbeiten. Im privaten Rahmen spüren wir diese Phase beispielsweise, wenn auf ein erfolgreich absolviertes Studium und einen tollen Job (Kampf und Sieg) der Verlust der bestehenden Kontakte droht, weil die neue Arbeitsstelle mit einem Umzug verbunden ist.

9. Überwindung der Rückkehrangst 

Glücklicherweise geht jedes Abenteuer, auch jenes, in welchem wir vermeintlich gescheitert sind, stets gut aus. Natürlich gibt es Abenteuer, die eine längere Phase des Unglücks und der Herausforderung bereithalten (z.B. Krankheit oder Tod), doch perspektivisch gesehen, entscheiden wir am Ende stets selbst, wie wir unsere Heldinnenreise zu bewerten haben. Die Rückkehr birgt hierbei jedoch noch eine weitere (ungewollte) Konsequenz, denn oftmals wird die Heldinnenreise nicht nur als Identifikationsfaktor gesehen, sondern in Frage gestellt. So kommt es durchaus vor, dass nach der Rückkehr die Protagonistin den letzten Schritt überspringt (siehe Punkt 10) und sich umgehend in einem neuen Ruf wiederfindet. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn man sich als Frau entgegen jeglicher (gut gemeinter) Ratschläge eine erfolgreiche Karriere aufgebaut hat und sich anschließend mit der vollen Wucht gesellschaftlicher Normen (Kind, Haus, Ehe, etc.) konfrontiert sieht.

10. Heldin Ihrer Geschichte

Die zuvor erwähnte Gefahr, von einem Abenteuer ins nächste zu geraten, kann man nicht gänzlich umgehen, denn die Konflikte gehen uns niemals aus. Begegnen sie uns nicht im Äußeren, so finden wir sie zumindest zahlreich in unserem Inneren. Die positive Nachricht ist jedoch: Wir sind nicht mehr die naive Heldin vom Anfang. Wir haben gelernt, reflektiert, kommuniziert, gekämpft, geweint und Widerstand geleistet und jeder neue Ruf bedeutet zwar ein neues Herabsteigen in die Tiefe unseres Unterbewusstseins und allen damit verbundenen Ängsten, doch wir begegnen ihnen mit einer gänzlich neuen Haltung. Wir ersetzen die Naive durch die Mutige, die Mutige durch die Rebellische und die Rebellische durch die Herrschende usw. Während all diese inneren Anteile unser intuitives Wissen und dadurch das archetypische Muster unserer Seele beeinflussen, bewirken sie gleichermaßen eine nie enden wollende Korrektur unseres Bewusstseins.

Fazit

Letztlich kann man also sagen: 

Egal mit welcher Haltung unsere Heldinnenreise endet, die darauffolgende bildet einen neuen Punkt auf dem stetigen Weg unserer persönlichen Weiterentwicklung. Wenn mir also eine Klientin sagt: „Über mich gibt es gar nicht so viel zu erzählen.“, bleibt meinerseits nur die Frage: „Ist Ihr Lebensabenteuer also schon zu Ende?“

Ich hoffe, dieser Artikel konnte Ihnen einen ersten Leitfaden geben, wie Storytelling funktionieren kann. Wenn Sie aufmerksam gelesen haben, konnten Sie aus jedem Schritt auch ein Stück meiner eigenen Geschichte oder meines beruflichen Hintergrunds erfahren, denn auch das gehört zur Kunst des Geschichtenerzählens: Zu erzählen, ohne zu erzählen.

Die einzige Frage, die nun offen bleibt ist: „Welcher Ruf nach einem Abenteuer hat Sie heute erreicht?“

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